RENÉ SCHICKELE

René Schickele (4.8.1883 Oberehnheim, heute Obernay – 31.1.1940, Vence/Südfrankreich)

René Schickele
Aufnahme: Foto Studio Edith, Nizza

Citoyen français und deutscher Dichter, so nannte sich Schickele selbst, für die heutige Zeit hat er vor allem als Wegbereiter der deutsch-französischen Aussöhnung einen klangvollen Namen. Hineingeboren wurde Schickele in die konfliktreiche Geschichte des Elsass, das als geografisch-kulturelles Zwischenglied zwischen Frankreich und Deutschland für den Schriftsteller eine Schlüsselstellung für das Verhältnis beider Länder besaß.

Sein zu Beginn des Ersten Weltkrieges geschriebenes Anti-Kriegsdrama „Hans im Schnakenloch“ (aus dem bekannten Volkslied) wurde zur Metapher und zum Sinnbild des zwischen beiden Ländern zerrissenen und zerriebenen Elsässers. Aufgrund dieser Erfahrung verstand er sich sein ganzes Leben als Kämpfer für die Aussöhnung der „Erbfeinde“ Deutschland und Frankreich und für ein friedliches Zusammenleben der Länder in einem geeinten Europa. Seine Vision eines „geistigen Elsässertums“ wies dem Elsass eine europäische Versöhnungsmission zu, der Rhein war für ihn kein Grenzstrom, sondern wirkte wie ein fester Buchrücken, der die Seiten eines Buches zusammenhielt.

Während des Ersten Weltkriegs redigierte er im Schweizer Exil die „Weißen Blätter“, eines der Hauptorgane des Expressionismus, wobei, neben fast allen Größen der damaligen deutschsprachigen liberalen Literatur, auch die deutsch-französische Schriftstellerin Annette Kolb aus München mitwirkte, die seine lebenslange Freundin wurde.

Als Schickele sich 1921 völlig desorientiert und enttäuscht nach der Revolution, die weder in Berlin noch in Russland die erhoffte umfassende geistige Erneuerung hatte bewirken können, in Badenweiler niederließ, beschrieb er das rückblickend in seinem Buch „Himmlische Landschaft“ (1933 erschienen) als psychische und geistige Wiedergeburt: „Als ich hierher kam, war ich ein toter Mann“. Im für ihn mitten im Zentrum Europas gelegenen Badenweiler begannen nun seine produktivsten und glücklichsten Jahre als Schriftsteller und Essayist.

Mit zu diesem positiven Erleben trug auch bei, dass seine frühere idealistische Mitkämpferin, Annette Kolb, sich neben seinem Schmitthenner-Haus in Badenweiler gleichfalls ein Haus errichten ließ, was viele Autoren und Verleger wie etwa Thomas Mann oder Kasimir Edschmid als Gäste anzog. Hier entstanden Schickeles belletristisches dreibändiges Hauptwerk, „Ein Erbe am Rhein“ (1925-1931), die Romane „Symphonie in Jazz“, die „Witwe Bosca“ und vieles mehr. Schickele, der schon in seiner Jugend einen wachen politischen Instinkt besessen hatte, ahnte die Katastrophe des Dritten Reiches voraus. Ende 1932 ging er nach Frankreich ins Exil, wo er im südfranzösischen Vence 1940 an Rippenfellentzündung verstarb. Seine Frau Anna sollte nach dem Krieg nach Badenweiler zurückkehren.

Bereits 1947 errichteten Freunde und die Gemeinde ihm mit dem Schickele-Brunnen ein erstes Denkmal und erfüllten selbst seinen letzten Wunsch: seine sterblichen Reste wurden aus Vence zurückgeholt und auf dem Friedhof des Badenweilerer Stadtteils Lipburg beigesetzt. Auch die Schule Badenweilers trägt seinen Namen. Dass Badenweiler bereits 1957 als eine der ganz frühen deutsch-französischen Städtepartnerschaften mit dem lothringischen Heilbad Vittel schloss, ist nicht zuletzt ebenfalls auf die transnationale Versöhnungsarbeit von Schickele und Kolb zurückzuführen.

H.S.